Mit Super-Makro gefilmt, so dass dem Zuschauer auch garantiert gar nichts entgeht. Ich "durfte" miterleben, wie die Talgwürmer massenhaft aus der Haut gedrückt, gequetscht und gequält werden. Der Eigentümer des Gesichts ist offenbar ein Mann, denn man sieht in der Ultra-Nahaufnahme auch einzelne Bartstoppeln. Das Metallgerät geht gnadenlos vor, die bearbeitete Haut wirkt zerwühlt, fettig und wund. Und das schlimmste: Währenddessen spielt ununterbrochen widerwärtig sanfte Musik, eine träumerische Männerstimme säuselt zu Gitarre und Klavier.
Eigentlich kenne ich dieses seltsam
befriedigende Gefühl nur zu gut: wenn man an einem Pickel oder
Mitesser drückt und der Inhalt – Talg oder Eiter – kommt endlich
heraus. Doch wenn ich es mir hier in Nahaufnahme anschaue, packt mich
der Ekel. Die austretenden Talgwürste werden von dem Metallgerät
zermatscht, es lässt sich nicht aufhalten, seinen grausamen Weg
durch die Haut zu furchen. Warum wird mir nicht übel, wenn ich - zwar ohne Gerät, aber im Prinzip ganz ähnlich - mit meiner eigenen Haut so umgehe? Warum macht es mir sogar Spaß? Blende ich das Ekelhafte einfach aus?
Dieses Video wurde mehr als 1,1
Millionen mal aufgerufen. Link
Es ist nicht das einzige seiner Art, es
gibt eine ganze Reihe davon, gepostet von unterschiedlichen Accounts.
Dieses hier ist von „Dermatillomania Wise“ und ist in einem
Vorab-Hinweis als „educational“ etikettiert – gedacht speziell
für Skin-picker. Der Urheber erklärt: „Ich habe herausgefunden,
dass Leute mit Dermatillomanie, die meine Videos regelmäßig
schauen, große Verbesserungen zeigen oder ganz aufhören, ihre Haut
zu bearbeiten.“
Seltsam ist aber, dass der Urheber der
Videos zugleich nicht vergisst, gut sichtbar auf den Amazon-Store auf
seiner Webseite hinzuweisen. Dort verkauft er alle möglichen
Hautbearbeitungsgeräte: den Komedonen-Extraktor, den er in o.g.
Video genutzt hat, Pinzetten und Kosmetika. Bei jedem Verkauf über seine Webseite lässt Amazon ihn ein paar Prozent mitverdienen. Das heißt, er verdient
Geld damit, andere Leute zum Nachmachen zu animieren.
Die geposteten Reaktionen unter dem Video sind geteilt:
Die meisten empfinden Ekel, manche müssen den Film stoppen. Doch ein
paar bedanken sich auch: Das Video anzuschauen, sei befriedigend und
bringe „seltsamerweise Entspannung“. Es sei regelrecht
therapeutisch.
Ist also der erhoffte Effekt, dass man
sich aus lauter Ekel vom Knibbeln an der Haut abhält? Oder dass man
schon Befriedigung empfindet, wenn man nicht an seiner eigenen Haut
die Poren zum Platzen bringt, sondern es nur im Bewegtbild sieht?
Oder SOLL man dem Vorbild gerade folgen und seine Haut mit einem
Metallgerät bearbeiten (was immer noch besser wäre als mit
„stumpfen, unhygienischen Werkzeugen“, nämlich den eigenen
Fingern, an die Haut zu gehen)?
In einen anderen Video (Link) zeigt ein Mann
namens „Zitmeister“ - vermutlich die selbe Person, die unter dem
Account „Dermatillomania Wise“ die Ausdrück-Videos postet -, wie
sein Gesicht aussieht und wie er die Videos macht. Das Erstaunliche:
Nach einer „Session“ sieht sein Gesicht gar nicht so anders aus, kaum schlechter als vorher.
Nur die Vergrößerung der ganzen Aktion mit einem „USB-Mikroskop“
lässt sie so dramatisch aussehen. Hier sieht man sein Gesicht nach der Session:
Der Mann ist offenbar erfolgreich:
Seine Ausdrück-Videos gibt es sogar zum Kaufen auf DVD.
Permalink dieses Eintrags: http://meine-haut.blogspot.com/2014/08/dem-ekel-ausdruck-gegeben.html
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