Montag, 25. August 2014

Habit Maker und Breaker Apps, Teil 2: KeepTrack

In diesem Beitrag stelle ich eine App namens "Keep Track" vor und gebe eine Einschätzung, ob sie als Selbsthilfe-App bei Skin-picking nutzbar ist.

Keep Track ist eine Android-Anwendung, die es dem User ermöglichen soll, über positive Verstärkung neue Gewohnheiten zu entwickeln. Die App "Habit Bull", die ich beim letzten Mal vorgestellt hatte, verfolgt auch dieses Ziel, aber "Keep Track" ist schon komplexer. Statt nur "erfolgreiche", "erfolglose" oder "neutrale" Tage einzutragen - also Tage, an denen es einem gelungen ist oder nicht, seine Vorhaben umzusetzen -, bietet "Keep Track" mehrere Formen von Eintragungen an. Vergleichbar ist für das Apple-Betriebssystem iOs die App "Track+"

Screenshot der App "Keep Track", teilweise mit Daten befüllt.

Für jeden Tag kann der Nutzer mehrere Einträge verschiedener Art machen.Unterschiedliche Datentypen lassen sich eingeben, zum Beispiel Zahl (Gewicht, Distanz, zB bei sportlichen Vorhaben), Dauer, freier Text und selbst vordefinierte Werte. Die Eingaben kann man sich anhand eines Kalenders, einer Statistik, einer Übersicht und einer Verlaufsgrafik anzeigen lassen. 

Aus Skin-picking übertragen heißt das, ein Nutzer kann jeden Tag - auch mehrmals am Tag, wenn Knibbelanfälle mehrmals täglich vorkommen - eintragen, wie lange er geknibbelt hat (Minuten), in welcher Intensität (auf einer Skala von 1 bis 10) und wie er/sie sich vorher und nachher gefühlt hat (zB Stresslevel auf einer Skala von 1 bis 10). Hat man sich dazu durchgerungen, das eigene Verhalten ein oder zwei Wochen lang auf diese Weise festzuhalten, dann kann man sich für jedes spezifische Verhalten den Verlauf anzeigen lassen und sieht auf einen Blick, wie sich das Knibbelverhalten in dieser Zeit entwickelt hat: Waren manche Tage massiv von Attacken auf die eigene Haut geprägt? Die Tagebucheinträge, die man sich in Tabellenform anzeigen lassen kann, geben dann möglicherweise Aufschluss darüber, welche Situationen besonders häufig einem Knibbelanfall vorhergingen, beispielsweise taucht besonders häufig auf "von der Arbeit nach Hause gekommen, vor dem Badezimmerspiegel gelandet, eine Stunde geknibbelt".

Die mit Knibbeln verbrachte Zeit in Minuten lässt sich auf unterschiedliche Weisen anzeigen: in einer Liste, auf dem Kalender, als Statistik - oder, wie der Screenshot zeigt, als Grafik.
In der Pro-Version lassen sich mehrere Angaben zugleich anzeigen, auf Skin-picking bezogen wären das beispielsweise Dauer einer Knibbel-Episode, Intensität einer Knibbel-Episode und Dauer einer positiven Gegenmaßnahme wie Yoga oder Autogenes Training - an einem bestimmten Tag oder über mehrere Tage hinweg. Oder auch das ganz banale Abhängen des Badezimmerspiegels: Führt es dazu, dass ich weniger knibble? An der Grafik oder an der Tabelle lässt sich das ablesen, wenn beispielsweise an den Tagen, wo Yoga praktiziert wurde, die Knibbelzeit und -intensität zurückging. Aussagekräftig sind solche Informationen natürlich erst, wenn man sie über ein paar Wochen hinweg eingetragen hat.

Fazit: Die App "Keep Track" ist schon sehr gut, weil sie viele Möglichkeiten lässt, die Daten auf den eigenen Bedarf zuzuschneiden. Dennoch ist ihre Struktur nicht optimal für Skin-picking. Denn bei Skin-picking ist es hilfreich, jede Knibbel-Episode mehr im Detail festzuhalten und dabei mehrere Dinge standardmäßig abzufragen, wie es in Selbstbeobachtungsbögen getan wird. Beispielsweise: "Welche Gedanken/Gefühle/Phantasien gingen Ihnen durch den Kopf, unmittelbar bevor Sie anfingen, Ihre Haut zu bearbeiten?", "in welcher Situation befanden Sie sich gerade?", "welcher Körperteil ist betroffen?" Das ganze soll so übersichtlich gestaltet werden, dass der Nutzer hinterher auf einen Blick sehen kann: "Okay, vor dem Frühstück, nach dem Duschen bin ich immer besonders gefährdet, einen starken Knibbelanfall zu erleiden und unmittelbar vorher geht mir meist durch den Kopf, dass ich Angst habe, mein Arbeitspensum im Büro nicht zu schaffen." Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Zumindest hat man sich ein Verhaltensmuster klar gemacht, das vorher nicht bewusst war. Ob alleine oder mit Hilfe eines Therapeuten/einer Therapeutin kann man dann daran arbeiten, das Gefahrenpotenzial solcher Situationen zu senken.

Was hältst du, lieber Leser/liebe Leserin, von diesen Vorschlägen? Hast du eigene Vorstellungen davon, was eine Selbsthilfe-App für Skin-picking können sollte? Ich freue mich über Kommentare (Kommentarfeld unten, einfach den Stift anklicken! :))

Die Selbsthilfegruppe Skin-picking Köln sucht einen Sponsor, der die technische Entwicklung einer solchen App bezahlt. Die Kosten werden auf rund 15.000 Euro geschätzt. Bist du/sind Sie daran interessiert, uns zu helfen? Auch dann freue ich mich über eine Nachricht!

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Mittwoch, 20. August 2014

Habit Maker und Breaker Apps, Teil 1: Habit Bull

In den nächsten Tagen stelle ich hier im Blog einige Apps vor, die helfen sollen, sich gute Gewohnheiten anzutrainieren oder schlechte Gewohnheiten abzutrainieren. Hintergrund ist das Vorhaben der Selbsthilfegruppe Skin-picking, eine App als Unterstützung von Betroffenen zu entwickeln. Wir wollen erst einmal sehen, was es schon so auf dem Markt gibt, und dann schauen, wie wir es optimieren können.

Dass wir vielleicht irgendwann einmal eine App auf den Markt bringen, soll aber niemanden davon abhalten, mal die bestehenden Angebote auszuprobieren. Vielleicht helfen sie schon einen großen Schritt weiter!

Es gibt ganz einfache Apps für jede/n, aber auch sehr komplexe Apps, mit denen man gezielt psychische Störungen behandelt.

Mit den einfachen fangen wir an. Ein Beispiel dafür ist "Habit Bull". Kostenlos für Android-Geräte, eine von vielen vergleichbaren Apps. Für iOs gibt es beispielsweise "Way Of Life". So sieht die Benutzeroberfläche aus:


Hier trägt man jeden Tag ein, ob man es geschafft hat, seinen Vorsatz, beispielsweise joggen gehen, umzusetzen. Ein erfolgreicher Tag ist grün mit roter Umrandung; werden mehrere erfolgreiche Tage miteinander eingetragen, verbindet sie eine Kette. Beabsichtigter Effekt ist das Erfolgsgefühl, wenn man viele grüne Tage an einer durchgängigen Kette hat. Je mehr „gelungene“ Tage man am Stück hat, desto eher kann sich eine neue Gewohnheit verfestigen. Die erfolglosen Tage sind rosa und fallen dann natürlich unangenehm auf.


Man kann auch mehrere Vorsätze eintragen, dann zeigt einem die App für jeden Vorsatz einzeln anhand des Kalenders, ob er umgesetzt wurde.

Um jeden Tag an seine Aufgabe erinnert zu werden, kann man einen Wecker programmieren. Der lässt sich sehr individuell einstellen, so dass er an jedem Wochentag zu einer genau definierten Uhrzeit klingelt.

Außerdem gibt es noch eine Kommentarfunktion. Trägt man einen Kommentar an einem bestimmten Tag ein, zum Beispiel: "Fünf Kilometer gelaufen", erscheint im Kalender ein kleines Sprechbläschen. 

Ist dieses Programm auf Skin-picking anwendbar? Ja, denn man kann das negative Ziel, nicht zu knibbeln ja auch positiv formulieren: "Jeder Tag, an dem ich es geschafft habe, nicht zu knibbeln, ist ein erfolgreicher Tag!" Darüber hinaus lässt sich die App für positive Ziele nutzen, zum Beispiel um sich an das tägliche Training von Entspannungstechniken zu gewöhnen.

Dennoch scheint diese App insgesamt zu simpel, um sich die Besonderheiten des eigenen Verhaltens bewusst zu machen und beispielsweise Verhaltensmuster zu erkennen.

Im nächsten Blogpost stelle ich ein Tool vor, das schon komplexer ist: "Progress Tracker".

Habt ihr schon Erfahrungen mit Apps gemacht, die zur "Selbstverbesserung" gedacht sind? Was könnt ihr dazu berichten? Ich freue mich über Kommentare! :)

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Montag, 18. August 2014

Zum Abreagieren

Schon lange bin ich auf der Suche nach etwas, das meine Finger beschäftigt hält, zum Beispiel, wenn ich am Computer sitze - und habe endlich etwas Passendes im Zoo-Shop in Köln gefunden: einen extra weichen Squeeze-Ball.


Er ist luftgefüllt und besteht aus extrem weichem und flexiblem Kunststoff. Ich habe schon diese relativ harten Stressbälle ausprobiert, aber die sind für mich irgendwie nicht richtig. Nun versuche ich mal, wie dieser hier funktioniert, um Druck abzubauen, der sonst zu Knibbeln führen würde. Und vor allem: wie lange er intensiven Knet-Attacken standhält ;)


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Dienstag, 5. August 2014

Dem Ekel Ausdruck gegeben

Bei meinen Recherchen auf Youtube stieß ich auf etwas, das man nur als „very special interest“ bezeichnen kann. Man sieht, wie mit einem kosmetischen Spezialgerät, einer kleinen metallischen Schlaufe, Mitesser im Gesicht ausgedrückt werden:



Mit Super-Makro gefilmt, so dass dem Zuschauer auch garantiert gar nichts entgeht. Ich "durfte" miterleben, wie die Talgwürmer massenhaft aus der Haut gedrückt, gequetscht und gequält werden. Der Eigentümer des Gesichts ist offenbar ein Mann, denn man sieht in der Ultra-Nahaufnahme auch einzelne Bartstoppeln. Das Metallgerät geht gnadenlos vor, die bearbeitete Haut wirkt zerwühlt, fettig und wund. Und das schlimmste: Währenddessen spielt ununterbrochen widerwärtig sanfte Musik, eine träumerische Männerstimme säuselt zu Gitarre und Klavier.

Eigentlich kenne ich dieses seltsam befriedigende Gefühl nur zu gut: wenn man an einem Pickel oder Mitesser drückt und der Inhalt – Talg oder Eiter – kommt endlich heraus. Doch wenn ich es mir hier in Nahaufnahme anschaue, packt mich der Ekel. Die austretenden Talgwürste werden von dem Metallgerät zermatscht, es lässt sich nicht aufhalten, seinen grausamen Weg durch die Haut zu furchen. Warum wird mir nicht übel, wenn ich - zwar ohne Gerät, aber im Prinzip ganz ähnlich - mit meiner eigenen Haut so umgehe? Warum macht es mir sogar Spaß? Blende ich das Ekelhafte einfach aus?

Dieses Video wurde mehr als 1,1 Millionen mal aufgerufen.  Link

Es ist nicht das einzige seiner Art, es gibt eine ganze Reihe davon, gepostet von unterschiedlichen Accounts. Dieses hier ist von „Dermatillomania Wise“ und ist in einem Vorab-Hinweis als „educational“ etikettiert – gedacht speziell für Skin-picker. Der Urheber erklärt: „Ich habe herausgefunden, dass Leute mit Dermatillomanie, die meine Videos regelmäßig schauen, große Verbesserungen zeigen oder ganz aufhören, ihre Haut zu bearbeiten.“

Seltsam ist aber, dass der Urheber der Videos zugleich nicht vergisst, gut sichtbar auf den Amazon-Store auf seiner Webseite hinzuweisen. Dort verkauft er alle möglichen Hautbearbeitungsgeräte: den Komedonen-Extraktor, den er in o.g. Video genutzt hat, Pinzetten und Kosmetika. Bei jedem Verkauf über seine Webseite lässt Amazon ihn ein paar Prozent mitverdienen. Das heißt, er verdient Geld damit, andere Leute zum Nachmachen zu animieren. 


Die geposteten Reaktionen unter dem Video sind geteilt: Die meisten empfinden Ekel, manche müssen den Film stoppen. Doch ein paar bedanken sich auch: Das Video anzuschauen, sei befriedigend und bringe „seltsamerweise Entspannung“. Es sei regelrecht therapeutisch.

Ist also der erhoffte Effekt, dass man sich aus lauter Ekel vom Knibbeln an der Haut abhält? Oder dass man schon Befriedigung empfindet, wenn man nicht an seiner eigenen Haut die Poren zum Platzen bringt, sondern es nur im Bewegtbild sieht? Oder SOLL man dem Vorbild gerade folgen und seine Haut mit einem Metallgerät bearbeiten (was immer noch besser wäre als mit „stumpfen, unhygienischen Werkzeugen“, nämlich den eigenen Fingern, an die Haut zu gehen)?

In einen anderen Video (Link) zeigt ein Mann namens „Zitmeister“ - vermutlich die selbe Person, die unter dem Account „Dermatillomania Wise“ die Ausdrück-Videos postet -, wie sein Gesicht aussieht und wie er die Videos macht. Das Erstaunliche: Nach einer „Session“ sieht sein Gesicht gar nicht so anders aus, kaum schlechter als vorher. Nur die Vergrößerung der ganzen Aktion mit einem „USB-Mikroskop“ lässt sie so dramatisch aussehen. Hier sieht man sein Gesicht nach der Session:


Der Mann ist offenbar erfolgreich: Seine Ausdrück-Videos gibt es sogar zum Kaufen auf DVD.

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Montag, 4. August 2014

Was soll dieser Blog sein bzw. liefern?

Ein Blog legt die Betonung aufs Subjektive, deshalb auch dieser Titel, der an Ichbezogenheit kaum überboten werden kann:  "In meiner Haut"!

Hier wird es darum gehen, wie ich mich in meiner Haut fühle als Skin-pickerin, als Frau.

Aber das alleine reicht nicht: Ein Blog vereint auch die Expertise, die jemand zu einem Thema ansammelt.  Jede/r lebt in ihrer/seiner Haut. Was was macht das mit uns, wenn wir nicht davon ablassen können, sie zu - und damit uns selbst - zu schädigen? Was können wir dagegen tun?

Ich will auch nicht die wissenschaftliche Seite außer Acht lassen: Was spiegelt die Forschung uns wieder, wie erscheinen wir in diesem Licht? Welche Folgerungen werden daraus gezogen, halte ich sie für angemessen?

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http://meine-haut.blogspot.com/2014/08/was-soll-dieser-blog-sein-bzw.html