Der
US-amerikanische Musiker und Spoken
Word Artist Saul Williams ist dafür
bekannt, Dinge auszusprechen, mit
denen andere hinter dem Berg halten.
Mit seinen Songs sorgt er immer
wieder für Aufregung. In dem Rapsong
„Black Stacey“ gibt er zu, dass
er in der Schule darunter litt, wegen
seiner Hautfarbe gehänselt zu werden.
„My complexion had me stuck in
an emotional rut“, reimt er. Seine Hautfarbe
wird zu einer Obsession, die ihn
nicht mehr loslässt: „They say "You're
too black man", I think I'm too black/
Mom, do you think I'm too black?,
I think I'm too black/I think I'm too
black/ I think I'm too black/ You're black,
you're black, you're black, you're black.“
Da knickt er ein: „I used to use bleaching
cream“, bekennt Williams. „I dreamt
of being white and complimented
by you/But the only shiny
black thing that you liked was my shoes.“ Radikale
Ehrlichkeit. Ein beschämendes
Eingeständnis im doppelten
Sinne: für einen Dunkelhäutigen,
dass er so sein wollte wie
die früheren Slave Masters, die Herrschenden. Und für einen Mann,
dass er Kosmetikprodukte benutzt, was in Macho-Kulturen
nur Frauen zugestanden
wird und ihn daher in die Nähe
der Homosexualität rückt – gerade im
Hiphop oft noch immer ein No-Go.
Dencia vor und nach dem Benutzen einer von ihr propagierten Bleichcreme. Bild: Bella Naija |
Diese
Bleichprodukte („bleaching cream“) sind ein Renner in Afrika und
Indien, obwohl ihr Verkauf in einigen Ländern verboten ist. Auch in
Deutschland kann man Bleaching Creams
verschiedener Marken in Afro-Shops
kaufen. Dabei stehen viele dieser
Produkte im Verdacht, Hautkrebs
zu erzeugen: Sie entfernen
das Melanin aus der Haut, das
vor UV-Strahlen schützt. Weitere mit Hautbleichern in Verbindung gebrachte
Nebenwirkungen sind Nierenversagen, Leberschäden, Ekzeme,
Merkurvergiftung. Der indische
Arzt Dr. Nitin Walia sagt: „Ungefähr
30 Prozent der Langzeitnutzer
berichten von schädlichen
Nebenwirkungen.“
Immer
wieder schlägt die Diskussion um Weißmacher
hohe Wellen, vor allem wenn
schwarze Frauen dafür Werbung machen.
So wie Ende 2013/Anfang 2014
die westafrikanische Popsängerin Dencia
(aus Nigeria/Kamerun). Sie warb
für eine Bleichcreme namens „Whitenicious“.
Der Produktname ist eine Wortzusammensetzung aus „whiten“ (weiß
machen) und „delicious“ (köstlich).
24 Stunden nach dem Beginn
ihrer Werbekampagne waren alle
Vorräte der Creme ausverkauft, kurz
darauf setzte aber auch schon massive
Kritik in den Medien ein. Zwar warb
Dencia mit dem Werbespruch „Say
goodbye to dark spots forever” - die
Creme sollte also angeblich nur dazu
dienen, dunkle Pigmentflecken aufzuhellen.
Doch Dencia präsentierte sich
dazu knapp bekleidet mit einer
Haut, die deutlich heller war als noch
einige Monate zuvor. So ging es im
Werbetext um einzelne Flecken, im Bild
um den ganzen Körper.
In
einem Interview im britischen TV-Sender
Channel 4 wurde Dencia mit der
Kritik konfrontiert, sie gebe in ihrer Werbekampagne
ein schlechtes Vorbild
für schwarze Mädchen ab und ihr Verhalten
würde dazu führen, dass sich
junge Mädchen für ihre dunkle Haut
hassen. Sie antwortete: „Wenn sie
glauben, ihr ganzer Körper wäre ein dunkler
Fleck – ist in Ordnung! Weil: So empfinde
ich das nicht.“ Danach gefragt,
was „weiß“ für sie bedeutet, sagt Dencia: „Weiß heißt rein,
nicht notwendigerweise
auf die Haut bezogen,
sondern ganz allgemein.“ Die ganze
Haut tagtäglich mit aggressiven Kosmetika
einzureiben ist für sie kein Problem:
Das sei doch so, als würde man
sich die Haare blondieren.
Natürlich
lässt sich die Situation von Dunkelhäutigen nicht
mit der von Skin-pickern
gleichsetzen. Es gibt viele Unterschiede.
Beispielsweise, dass Dunkelhäutige
ihr Leben lang, auch schon
als kleine Kinder, unter Rassismus
(der weißen Norm) leiden, während
Skin-picker meistens erst in der
Pubertät ein Problem mit ihrer Haut bekommen.
Und während bei Schwarzen
der Zustand des „Andersseins“,
des Nichterfüllens der
weißen Norm, ein Leben lang anhält,
haben Skin-picker ja meist nur ein
paar Jahre lang Akne. Was danach für
ein unebenes Hautbild sorgt, ist meistens
selbst-verursacht. Aber gerade das wird ihnen auch häufig
vorgeworfen.
Die
jahrelange, exzessive Anwendung von
Bleichcremes wird in den USA auch
„Bleaching addiction“ (Aufhellungssucht)
genannt. Paradoxerweise
geben andererseits hellhäutige Menschen viel Geld dafür aus,
dunkler zu werden. Sie beschmieren sich mit Selbstbräunern oder
gehen ständig ins Sonnenstudio und riskieren dabei ebenfalls
Hautkrebs. Ins Krankhafte gesteigert, hat dieses Verhalten seit
einigen Jahren den Namen „Tanorexie“ – eine Zusammensetzung von „Anorexie“
(Magersucht) und „tanning“ (bräunen).
Doch
immer geht es im Kern darum, dass
man glaubt, das eigene Sein – das,
was man nicht umhin kann, nach außen
hin von sich, seinem Körper zu zeigen
– sei nicht in Ordnung. Ob Farbe
oder Hautunebenheiten. Eine Reaktion
darauf ist Bleaching Cream, eine
andere Skin Picking. Der Versuch, sich
dem Ideal anzupassen. Denn so fängt Skin Picking oft an: in dem
irrigen Glauben, man würde seiner Haut durch die Manipulationen
helfen, glatter zu werden. Den Pickel ausdrücken, bevor er richtig
dick und auffällig wird. Mitesser ausdrücken, damit die Haut
glatter erscheint. Am Ende wird nicht nur jeder „echte“, noch so
kleine Makel bearbeitet, sondern auch ganz gesunde Poren, die unter
dem sensiblen Abtasten der Finger irgendwie „hervorstehen“.
Skin
Picker vertrauen nicht darauf, dass die Natur es schon richtig macht,
sondern sehen ihre eigene Natur – die diese Hautunreinheiten
hervorbringt – als das eigentliche Problem. Da muss man nachhelfen,
damit die Haut die Talg-und
Eitereinschlüsse schneller freigibt. Mit
dem Finger, aber auch mitInstrumenten
wie Nadeln oder Pinzetten.
Und ebenso sehen Dunkelhäutige,
die Bleaching Cream benutzen,
ihre eigene Natur als das Problem
an, das es zu beseitigen gilt – mit
Hilfe von Kosmetika. Kosmetika, die
auf lange Sicht dazu führen können,
dass die eigene Haut erkrankt.
Quellen:
-
http://www.dailymail.co.uk/news/article-2586963/White-means-pure-African-singer-defends-Whitenicious-skin-bleaching-cream-accused-encouraging-people-change-skin-tone.html#ixzz3B7UILykd
-
http://www.dailymail.co.uk/indiahome/indianews/article-2384456/Skin-whitening-creams-cause-long-term-damage-doctors-warn.html#ixzz3B7orJrW5 - https://www.youtube.com/watch?v=8PpdXOHL5Wc
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