Eine
Körperdysmorphe Störung bleibt häufig unerkannt, wird auch von
ausgebildeten Psychologen oder Psychiatern nicht diagnostiziert. Das
macht sie so gefährlich, berichtet Prof. Dr. Ulrike Buhlmann auf der
Tagung der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen in Bad
Bramstedt: Bei einer Umfrage, die die Professorin durchführte,
äußerten 30 Prozent der Betroffenen suizidale Gedanken. Das allein
sei noch nicht so bemerkenswert, erklärte die Professorin, die einen
Lehrstuhl für klinische Psychologie an der Uni Münster innehat. "Viel beunruhigender ist, dass 22 bis 25 Prozent der Befragten von
Selbstmordversuchen berichten." Die Befürchtung: Werden Betroffene
nicht richtig diagnostiziert und behandelt, gelingt es ihnen
irgendwann, ihr tödliches Vorhaben umzusetzen.
Was ist
eine Körperdysmorphe Störung? Früher wurde sie als Dysmorphophobie
bezeichnet: also die Angst, missgebildet zu sein. Eine
Körperdysmorphe Störung hat jemand, der völlig normal aussieht,
aber fest daran glaubt, dass eines oder mehrere seiner Körperteile
entstellt sind. Häufig geht es um die Nase, die Ohren und Arme, aber
prinzipiell kann jeder Körperteil als hässlich empfunden werden. Es
handelt sich dabei um einen eingebildeten Makel, den die Betroffenen
als völlig real erleben.
Aus Scham
und Angst vor den Reaktionen Anderer hätten manche Patienten schon
seit mehr als einem Jahr nicht mehr das Haus verlassen, berichtet
Buhlmann. Um auch an diese Personen heranzukommen, sei die Befragung
über das Internet gelaufen und beispielsweise in einschlägigen
Foren angekündigt worden. Buhlmann: "Das Internet ist dafür das
ideale Medium."
Besonders
schwierig werde die Therapie, wenn Patienten zusätzlich ein "destruktives körperbezogenes Verhalten" wie Skin
Picking an den Tag
legen. Das sei häufig der Fall. So habe ein Patient, der unter einem
eingebildeten Makel am Hals litt, "die Haut verletzt und sich am
Hals eine massive Wunde gekratzt, die mehrmals chirurgisch behandelt
werden musste."
Gut gegen
Körperdysmorphe Störungen wirke Kognitive Verhaltenstherapie, vor
allem die Spiegel-Exposition. Die Patientin/der Patient muss sich
während der Exposition bei einer Therapiesitzung selbst im Spiegel
betrachten. Doch statt sich auf den angeblichen Makel zu
konzentrieren, soll er/sie die eigene Wahrnehmung neu trainieren:
nicht auf das Detail zoomen, sondern lernen, sich im Ganzen
betrachten.
Eignen sich
Spiegel-Expositionen auch zur Behandlung von Skin Picking? So könnte
man Betroffene auffordern, nicht nur ihre zerkratzte, wunde und
gerötete Gesichtshaut zu betrachten, sondern auch die anderen,
gesunden Stellen ihres Körper und ihrer Haut. So finden sie heraus,
dass die bearbeiteten Stellen nicht ihren ganzen Körper ausmachen.
„Expositionen werden im Einzelfall bereits gemacht“, sagt Dr.
Susanne Fricke, Psychotherapeutin aus Hamburg. „Und das mit gutem
Erfolg.“
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