Posts mit dem Label Skin-picking werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Skin-picking werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, 13. Januar 2015

Skin Picking Newsletter Januar 2015

Frohes neues Jahr allerseits! :)

Inhalt:
  1. Unser nächstes Treffen
  2. Bitte macht mit! Studie zur Diagnose von Skin Picking
  3. "Mein Leben mit Skin Picking" - tolles Blog einer 17-Jährigen
  4. Geplante Aktivitäten für 2015
  5. Artikel über Skin Picking im "Ärzteblatt"
  6. Weitere Treff-Termine
--
  1. Das nächste Treffen unserer Selbsthilfegruppe ist am
Montag, 19. Januar 2015
19 Uhr
im "gesundheitsladen köln", Venloer Straße 46, Erdgeschoss

Leicht erreichbar mit Stadtbahn-Linie 5 (Haltestelle Hans-Böckler-Platz) und per S-Bahn (Haltestelle Bahnhof West).
Eingeladen sind wie immer alle von Dermatillomanie (Skin Picking, Acné excoriée) und Trichotillomanie Betroffenen. <3

--
  1. Bitte macht mit: Fragebogen zur Diagnose von Skin Picking!

    Christina Gallinat studiert Psychologie an der Universität Heidelberg. Für ihre Masterarbeit hat sie sich einen englischsprachigen Diagnose-Fragebogen für Skin Picking vorgenommen: Sie untersucht, ob man ihn für Deutschland übernehmen kann. Dazu hat sie den Fragebogen übersetzt und zum anonymen Ausfüllen ins Netz gestellt. Je mehr Menschen ihn ausfüllen, umso aussagekräftiger sind die Ergebnisse!

    Link zum Fragebogen: https://www.soscisurvey.de/HautundWohlbefinden/

    Im zweiten Schritt wird gefragt, wie sinnvoll der Fragebogen ist und ob er in der praktischen Arbeit nützt.
    Das Ausfüllen dauert 10 bis 15 Minuten.
    Und hier geht's zum Fragebogen: https://www.soscisurvey.de/HautundWohlbefinden
--
  1. "Mein Leben mit Skin Picking" - tolles Blog
"Ich habe mich getraut!" Jacqueline ist stolz auf sich, denn sie ist ungeschminkt ins Theater gegangen. In ihrem Blog "Mein Leben mit Skin Picking" berichtet die junge Frau von ihren Erlebnissen.
Profilfoto von Jacqueline. Link zum Blog: http://mein-leben-mit-skinpicking.blogspot.de/
Das macht Mut und ist sehr lesenswert!

--
  1. Geplante Aktivitäten der Selbsthilfegruppe für 2015

    Ich freue mich, dass ich in diesem Jahr so viele Anregungen erhalten habe – Und hier sind die Vorschläge:
    - Vortrag einer Hypnotherapeutin – was kann Hypnose bei Skin Picking leisten?
    - Vortrag einer Ernährungsberaterin – hängen Hautbild und Ernährung zusammen?
    - Vortrag einer Hautärztin: Was sind die körperlichen Aspekte von Skin Picking, welche Hautpflege empfhiehlt sie, was kann man mit Medikamenten erreichen?
    - Vortrag einer Therapeutin über die "Bürokratie" rund um Psychotherapie: Welche unterschiedlichen Therapieformen gibt es, welche davon sind für Skin Picking besonders geeignet, wie verläuft die nervenaufreibende Therapeutensuche möglichst kurz und stressfrei?
Ob wir das alles in diesem Jahr schaffen, weiß ich nicht – aber die Themen bleiben ja auch 2016 aktuell ;) Wenn Termine gesetzt sind, erfahrt ihr es hier im Newsletter.

Vielen Dank an alle, die mitgemacht haben!

--
  1. Artikel im Ärzteblatt über Skin Picking
Je mehr Fachleute über Skin Picking erfahren, desto besser für Betroffene. Deshalb ist es sehr erfreulich, dass das "Ärzteblatt" einen langen Artikel über Skin Picking in seiner Dezemberausgabe gebracht hat. Auch wenn er nicht ganz aktuell ist: Die Autorin ordnet Skin Picking den Impulskontrollstörungen zu. Es fehlt jeder Hinweis darauf, dass Skin Picking im amerikanischen Diagnosemanual DSM-5 inzwischen unter "Zwangsstörungen und Verwandte" einsortiert ist – ob zurecht oder nicht, ist dann noch mal eine andere Frage.

Hier der Link zum Text:  http://www.aerzteblatt.de/archiv/165551

--
  1. Weitere Treff-Termine der Selbsthilfebgruppe – zum Eintragen in den Kalender:
    Montag, 16. Februar, 19 Uhr
    Montag, 16. März, 19 Uhr
    Montag, 20. April, 19 Uhr
--
So, das war's schon wieder!
Einen schönen Start in 2015 wünscht euch
das Krätzchen

Permalink dieses Posts:

Freitag, 24. Oktober 2014

Kampf am Frühstückstisch - Beziehungen im Zwang

Jeden Morgen schon ein Kampf am Frühstückstisch, so sah die Beziehung zwischen Frank und Katrin S. noch vor einigen Jahren aus. "Hast du dir die Hände gewaschen?", fragt Katrin, als er ihr das Kaffeemilch-Kännchen reicht. Die Frage hat Frank schon befürchtet, denn Katrin ist zwangskrank, sie hat Wasch-und Kontrollzwänge. Jetzt wähnt sie, auf Franks ungewaschener Hand würden sich gefährliche Bakterien tummeln. Mit dem Griff zum Milchkännchen, so ihre Zwangsgedanken, hat er das Porzellan kontaminiert. "Ich halte das nicht mehr lange aus!", explodiert Frank. "Du weißt, dass ich mir die Hände gewaschen habe. Ich wasch mir die Hände immer!" Doch es nützt nichts: Schon wieder entspinnt sich ein aufwendiges Reinigungsritual, das letztlich dazu führt, dass beide zu spät zur Arbeit kommen.

Katrin und Frank spielen im Workshop einen Beziehungsstreit vor. Bild: Ingrid Bäumer

Diesen Frühstücksterror spielt das junge Paar einem 18-köpfigen Publikum vor. Wir befinden uns in der Schön Klinik Bad Bramstedt, wo die Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen eine Fachtagung über Zwänge und Zwangsspektrumsstörungen abhält.** Frank und Katrin sind keine Therapeuten, sie waren jahrelang selbst betroffen: Katrin war lange zwangskrank, hat dies aber überwunden, unter anderem mit Hilfe einer stationären Therapie. Und Frank ist ihr langjähriger Partner, der trotz aller Belastungen immer zu ihr gehalten hat. Wie hält man es aus mit einem Menschen, der sich im Gefängnis des Zwangs befindet und der sogar seinen Partner in die verrücktesten "Zwangsvorschriften" einbezieht ?

Seit Skin Picking im DSM-5 erstmals als eigene Diagnose geführt wird, ist es eingegliedert in die Gruppe "Zwangserkrankungen und verwandte Störungen". Da ist es nur normal, Ähnlichkeiten zwischen Zwängen und Skin Picking zu suchen. Kann man Beziehungen zwischen "Gesunden" und Zwangskranken mit Beziehungen zwischen Gesunden und Skin Pickern vergleichen?

Sehr ähnlich sind sich Picker und Zwängler in dem, was sie sich von ihrem Partner wünschen, so ein Ergebnis des Seminars. "Keine dummen Sprüche", steht auf der langen Wunschliste. Und auch: "Verständnis, liebevoller Druck, keine Vorwürfe, geliebt werden, so wie ich bin."

Holger* hat magische Zwangsgedanken, die er auch ausagieren muss. So muss er aus Angst vor anderweitigen schlimmen Konsequenzen immer wieder einen Türrahmen berühren. Er hat mit seiner langjährigen Partnerin ausgemacht, dass sie ihm Zeit und Ruhe lässt, wenn sie sieht, dass er wieder zwängelt. "Sie erkennt an, dass es eine Krankheit ist", sagt Holger. "Wir haben beschlossen, dass sie mir bei meinen Zwängen nicht helfen kann - und ich will sie damit nicht belasten."

Doch wie soll diese saubere Abgrenzung funktionieren, wenn der Angehörige "nicht mitspielt"? Silke* berichtet von ihren Reinlichkeitszwängen: Was auf den Boden gefallen ist, das ist für sie kontaminiert. Sie kann es nicht mehr anfassen aus Angst, sich mit Krankheitserregern zu infizieren. Doch wenn ihr Freund sich morgens anzieht, lässt er achtlos den Schlafanzug auf den Boden fallen. "Schon oft habe ich ihm gesagt, er soll  ihn doch bitte über den Stuhl hängen", erzählt Silke. "Doch er ignoriert das einfach." Für die voll berufstätige Vierzigjährige heißt das: Noch mehr Zeit und Energie gehen drauf für aufwendige Dekontaminierungs-Rituale.

Natürlich, hakt Seminarleiterin Katrin ein, wünschen sich viele Betroffene, dass ihre Partner es ihnen nicht noch schwerer machen. Aber wenn die Partner einbezogen werden und sich dem Zwang gemäß verhalten, geben sie ihm damit neue Nahrung.

Ein Dilemma. Wo ist der Ausweg? Vielleicht dürfen die Wünsche, die ein Zwangskranker an den Partner richtet, nicht zu belastend sein, sollten aber zugleich eine große helfende Wirkung im Alltag haben. "Ziel sollte es sein, gemeinsame Absprachen zu treffen, mit denen sowohl der Betroffene als auch der Angehörige zufrieden ist", fasst Katrin zusammen. Wie bei diesem beispielhaften Deal: "Wenn du schon deine Bohrmaschine auf den Tisch legst, dann häng' doch bitte deinen Schlafanzug auf den Stuhl und schmeiß ihn nicht auf den Boden." 
Denkbar ist auch, eine Zwangshierarchie aufzustellen: Diese Zwänge sind so groß, dass ich noch nicht dagegen ankomme, doch an andere könnte ich mich mal herantrauen. "Offen miteinander reden, sich gegenseitig Freiräume geben, nicht auf verhärteten Standpunkten stehenbleiben", empfiehlt Katrin beiden Seiten. Und vor allem: "das Positive in der Beziehung nutzen, um den Zwang zu minimieren."

Was können Skin Picker aus diesem Seminar mitnehmen?


Bei allen Gemeinsamkeiten: Der größte Unterschied ist aus meiner Sicht, dass Skin Picker versuchen, ihr zwanghaftes Verhalten, das Bearbeiten der eigenen Haut, mit sich selbst auszumachen - schon allein aus Scham. Sie sind bemüht, die Folgen vor dem Partner zu verbergen, also die wunden, verletzten, geröteten Hautstellen. Während Zwangskranke manchmal auch eine strapazierte Haut haben, die beispielsweise wegen exzessiven Duschens extrem ausgetrocknet ist und in Placken abgezogen werden kann, ist es vor allem die Natur einiger Zwänge, die danach verlangt, sich auf das soziale Umfeld des Kranken auszudehnen. Zwar versuchen sie aus Scham, ihr Zwängeln vor dem Partner zu verbergen. Doch der Zwang ist oft wie ein hungriges Monster, das immer mehr Futter verlangt - und vom Partner ebenfalls ein ihm gemäßes Verhalten. Dagegen ziehen Skin Picker sich eher zurück - damit ihr Partner nicht die Folgen der Selbstmanipulation bemerkt. 

Doch nicht immer kann man sich schminken oder, wenn man nackt ist, das Licht ausmachen - so dass der Partner eines Skin Pickers vor allem damit leben muss, gelegentlich die Folgen der zwanghaften Haut-Manipulation zu sehen. Selten wird er Zeuge der tatsächlichen Handlung, und auch dann bleibt er Zuschauer, wird nicht aktiv einbezogen. Es sei denn, als Opfer des Knibbel-Drangs: Manche Picker haben das Verlangen, auch die Haut ihres Partners zu bearbeiten. Sie stürzen sich auf Pickel, Mitesser und alle anderen Unebenheiten beim Anderen. Das ist eine übergriffige Handlung, zumal wenn sich die Betroffenen vom ¨Nein¨ des Partners nicht abwimmeln lassen. Aber das sind eher seltene Fälle, während es bei der klassischen Zwangserkrankung die Norm zu sein scheint, dass der Partner in das Zwangssystem einbezogen wird.

 
Und so wäre es sicherlich auch keine Lösung für Picker, wenn sie ihr Knibbeln und Quetschen allein mit sich selbst ausmachen. Von ihrem Partner brauchen sie zumindest eine Gewissheit: dass sie auch mit ihren Macken geliebt werden. Und darin sind sie sich mit den Zwangskranken wieder einig. Oder, wie Holger es formuliert: "Was, wenn ich bis an mein Lebensende nicht von diesem Zwang freikomme? Das ist ganz wichtig zu klären: Kann mein Partner auch dann mit mir zusammen leben?"


* Name geändert
** Die Tagung fand vom 26. bis 27. September 2014 statt

Ich habe Katrin S. den Text zu lesen gegeben, da ich nur aus der Warte der von Skin Picking Betroffenen sprechen kann. Der Text enthält einige Aussagen über Zwänge, die nur meinen Eindruck wiedergeben, den ich aus dem Seminar mitgenommen habe. Darum hier Katrins Kommentar zu dem Text:

Es lässt sich so pauschal nicht sagen, dass die Partner/Angehörigen grundsätzlich mit ins Zwangssystem einbezogen werden. Auch hier gehören ja immer zwei dazu – der eine, der den Wunsch der Unterstützung äußert und derjenige, der diesem Wunsch nachkommt. Hier ist jeder für sein eigenes Handeln verantwortlich.

Eine lange Zeit machen auch Zwangsbetroffene alles mit sich allein aus, ebenfalls aus Scham. Schwierig wird es erst dann, wenn der Zwang zum einen nicht mehr zu verheimlichen ist (vergleichbar mit dem Sichtbarwerden von Skin Picking), zum Beispiel weil zu viele Zwänge auf einmal auftauchen oder der Zwang an sich zu stark ist, so dass er auch für andere offensichtlich wird.

Dann kann es sein, dass Partner/Angehörige um Unterstützung gebeten werden, weil es dem Betroffenen so scheint, als könne er das alles allein nicht mehr bewältigen. Die Unterstützung des Partners wird dann als Entlastung empfunden. Schwierig ist es ebenfalls, wenn gemeinsame Lebensbereiche betroffen sind – so beispielsweise, wenn Dinge des Anderen berührt werden und der Betroffene dieses nur schlecht oder gar nicht aushalten kann, weil sie für ihn gedanklich „kontaminiert“ sind.

Es gibt aber auch Zwänge, bei denen der Partner fast keine Unterstützung leisten kann, selbst, wenn er es wollte – so ist es beispielsweise bei Gedankenzwängen, bei denen keine sichtbare Handlung erfolgt, sondern allein die Zwangsgedanken gedanklich „bearbeitet“ werden müssen.
Ich weiß nicht, wie es beim Skin Picking ist – ist die eigentliche Handlung manchmal positiv besetzt (so wie es bei der Trichotillomanie manchmal ist)? Wenn es so ist, wäre dies wohl ein Unterscheidungsmerkmal: die Zwangsgedanken und -handlungen werden als quälend und belastend empfunden, das Gefühl der Erleichterung tritt erst ein, nachdem Gedanken und Handlungen durchgeführt und abgeschlossen wurden ... bis zum nächsten Zwangsgedanken.
Wichtig finde ich, dass beide Partner sich immer wieder ihrer eigenen Grenzen (auch Belastungsgrenzen) bewusst werden und diese auch ganz offen kommunizieren, um so zu gemeinsamen Absprachen zu gelangen. Du hast ja ebenfalls beschrieben, dass es eine klare Grenzüberschreitung ist, den Partner beim Picking einzubeziehen, selbst wenn dieser ein klares Nein geäußert hat. Das ist vergleichbar mit der Bitte eines Zwangsbetroffenen an seinen Partner, ihn zu unterstützen oder irgendetwas zu unterlassen. Der Partner kann dann dieser Bitte nachkommen, um dem Betroffenen zu helfen oder auch manchmal, um selbst eben „seine Ruhe zu haben.“ Wenn der Partner jedoch klare Grenzen setzt, wozu er bereit ist und wozu eben nicht, so wäre es für beide Seiten hilfreich, diese Grenzen zu respektieren. Obwohl gerade dies, wie wir ja im Workshop gesehen haben, nicht immer einfach ist.

Selbsthilfe ist grundsätzlich ein guter Berater. Eine Selbsthilfegruppe besuchen, sich mit Hilfe von Literatur schlau machen, eine eigene Zwangshierarchie aufstellen, Expositionen in Eigenregie oder im Rahmen einer ambulanten oder stationären Therapie) durchführen. 

Dienstag, 14. Oktober 2014

Pickel wegretuschiert: Lorde weist auf Bildmanipulation hin

"Denk daran: Makel sind okay", sagt Lorde. Die erst knapp 18 Jahre alte neuseeländische Musikerin hat mit ungewöhnlichen und eindringlichen Songs Erfolg. Und offenbar gelegentlich noch mit Akne zu kämpfen.

Bei einem Konzert im März wurden Fotos gemacht, auf denen unter der Schminkeschicht Pickel zu sehen sind. Doch das ist nicht das Bemerkenswerte für die Künstlerin, sondern die Tatsache, dass es Fotos vom gleichen Konzert gibt, auf denen ihre Haut makellos erscheint. Für sie der Beweis dafür, dass in mindestens einer Redaktionen Bilder retuschiert wurden, um die Musikerin hübscher erscheinen zu lassen. "Ich finde das seltsam", teilt sie über Twitter mit.

Auf Twitter weist Lorde darauf hin, dass Bilder retuschiert werden. Quelle: https://twitter.com/lordemusic
Es ist inzwischen eine Binsenweisheit, dass Bilder "gephotosphopped" werden, wie es wegen des omnipäsenten Bildbearbeitungsprogrammes auch heißt. Doch ungewöhnlich, dass ein Star zu seinen Schönheitsfehlern steht. Und nicht nur Fans lieben sie dafür: Das Tweet wurde inzwischen fast 73.000 Mal geteilt. Lordes Reaktion ist eine wohltuende Abwechslung in dem täglichen Berg von retuschierten Bildern, die ein perfektes Frauenbild propagieren.

Nicht nur Teenager haben unter Pickeln zu leiden, sondern auch viele Frauen (und Männer), die zwanghaft ihre egene Haut verletzen - eine psychische Krankheit, die auch "Acné excoriée", also "Schürf-Akne" genannt wird. Andere Namen dafür sind Skin Picking und Dermatillomanie. Betroffen sind laut wissenschaftlichen Untersuchungen mehr als ein Prozent der Bevölkerung.

Auch in Lordes Texten schillert manchmal ein Körperbewusstsein durch, in dem sich viele Skin Picker wiederfinden. So heißt es in den ersten Zeilen von "Yellow Flicker Beat":

I'm a princess cut from marble, smoother than a storm
And the scars that mark my body, they're silver and gold
My blood is a flood of rubies, precious stones

 Dazu veröffentlichte sie dies Foto auf Twitter (hier ein Bildausschnitt):

Quelle: https://twitter.com/lordemusic

Text auf die Haut geschrieben - wie die Wunden und Narben, von denen sie singt und die ihren Körper "kennzeichnen". Statt sie nur als hässlich und beschämend anbzutun, bietet Lorde hier eine alternative Sichtweise an: Narben als etwas Wertvolles, Bedeutungsvolles. Das hat etwas Märchenhaftes, wie schon der Einstieg "I'm a princess ..." verdeutlicht. Doch es ist eine Alternative zu dem Schönheitsdiktat, das uns der Mainstream aufzwingt.

Permalink dieses Beitrags:
http://meine-haut.blogspot.com/2014/10/pickel-weg-lorde-weist-auf.html

Dienstag, 30. September 2014

Neue "diagnostische Heimat" ermöglicht Forschung

„Das ist keine Pathologisierung“, sagt Dr. Bernhard Osen, Chefarzt der Schön Klinik Bad Bramstedt. „Es ist ein großer Fortschritt: Wir können die Dinge jetzt klarer beim Namen nennen.“ Diese Antwort galt einem Artikel, der vor anderthalb Jahren erschienen war: Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hatte massive Kritik an dem gerade erschienen „DSM-5“ geübt, dem amerikanischen Diagnose- und Klassifizierungssystem für psychische Krankheiten. Darin tauchen viele Störungsbilder erstmals auf. „Normale werden mit Hilfe des DSM zu psychisch Kranken erklärt“, so der Tenor des Spiegel-Artikels. Zu den neu aufgenommenen Störungsbildern zählt auch Skin-picking, das im Jargon der American Psychiatric Association „Excoriation Disorder“ heißt. Auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen (DGZ) am 26. und 27. September, wo auch Osen sprach, nahmen die Zwangsspektrumsstörungen einen großen Teil der Fachvorträge ein. Grund dafür ist, dass sie jetzt auch verstärkt im DSM-5 auftauchen.


Dr. Bernhard Osen, Chefarzt der Schön Klinik Bad Bramstedt - Bild: Klinik

Die Zwangsstörungen, früher in der Kategorie Angststörungen subsumiert, bilden heute eine eigene Kategorie namens
Oppressive-Compulsive and Related (zu deutsch: Zwangsstörungen und verwandte). Zu diesen „Verwandten“ gehört auch Dermatillomanie (Skin Picking), das erstmals erwähnt wird. Trichotillomanie wurde von den Impulskontrollstörungen in die Zwangsspektrumsstörungen umgruppiert und befindet sich nun in der gleichen Kategorie wie Skin Picking. Eine weitere sehr ähnliche Erkrankung, die Körperdysmorphe Störung, war früher unter somatoformen Störungen kategorisiert. Sie zählt nun - ebenso wie zwanghaftes Horten - zu den Zwangsspektrumsstörungen.

„Die DGZ sollte die Tür weit aufmachen für die Zwangsspektrumsstörungen“, fordert die DGZ-Vorsitzende Antonia Peters. Das war der Hamburgerin schon immer ein Anliegen, da sie seit ihrer Kindheit von Trichotillomanie betroffen ist. Schon vor 14 Jahren habe sie sich von der Klinik in Bad Bramstedt eine therapeutische Behandlung wegen Trichotillomanie gewünscht, erinnert sich Peters. Doch damals war das Krankenhaus auf Zwangserkrankungen spezialisiert. ¨Der damalige Chefarzt sagte zu mir 'Ich glaube, Sie sind hier nicht richtig'“, erinnert sich Ptteters. „Aber ich war aber hartnäckig - schon damals.“

Im Oktober oder November - anderthalb Jahre nach Veröffentlichung - soll die deutsche Übersetzung des DSM-5 erscheinen. Arbeitsgruppen sitzen schon an der Überarbeitung des Diagnosemanuals ICD 10 der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Vieles spreche dafür, dass sich die WHO an dem amerikanischen Modell orientiert, sagt Chefarzt Dr. Osen. Schon jetzt steige die Zahl der Studien und Publikationen über Zwangsspektrumsstörungen gewaltig. Denn sobald eine Krankheit eine „diagnostische Heimat“ gefunden hat, sprich, in eine Diagnosekategorie aufgenommen wurde, ist es sehr viel leichter, Forschungsgelder zu beantragen.

Permalink dieses Blogposts:

Gefährlich und oft mit Skin Picking verbunden: die Körperdysmorphe Störung

Eine Körperdysmorphe Störung bleibt häufig unerkannt, wird auch von ausgebildeten Psychologen oder Psychiatern nicht diagnostiziert. Das macht sie so gefährlich, berichtet Prof. Dr. Ulrike Buhlmann auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen in Bad Bramstedt: Bei einer Umfrage, die die Professorin durchführte, äußerten 30 Prozent der Betroffenen suizidale Gedanken. Das allein sei noch nicht so bemerkenswert, erklärte die Professorin, die einen Lehrstuhl für klinische Psychologie an der Uni Münster innehat. "Viel beunruhigender ist, dass 22 bis 25 Prozent der Befragten von Selbstmordversuchen berichten." Die Befürchtung: Werden Betroffene nicht richtig diagnostiziert und behandelt, gelingt es ihnen irgendwann, ihr tödliches Vorhaben umzusetzen.

Was ist eine Körperdysmorphe Störung? Früher wurde sie als Dysmorphophobie bezeichnet: also die Angst, missgebildet zu sein. Eine Körperdysmorphe Störung hat jemand, der völlig normal aussieht, aber fest daran glaubt, dass eines oder mehrere seiner Körperteile entstellt sind. Häufig geht es um die Nase, die Ohren und Arme, aber prinzipiell kann jeder Körperteil als hässlich empfunden werden. Es handelt sich dabei um einen eingebildeten Makel, den die Betroffenen als völlig real erleben.
Aus Scham und Angst vor den Reaktionen Anderer hätten manche Patienten schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr das Haus verlassen, berichtet Buhlmann. Um auch an diese Personen heranzukommen, sei die Befragung über das Internet gelaufen und beispielsweise in einschlägigen Foren angekündigt worden. Buhlmann: "Das Internet ist dafür das ideale Medium."

Besonders schwierig werde die Therapie, wenn Patienten zusätzlich ein "destruktives körperbezogenes Verhalten" wie Skin Picking an den Tag legen. Das sei häufig der Fall. So habe ein Patient, der unter einem eingebildeten Makel am Hals litt, "die Haut verletzt und sich am Hals eine massive Wunde gekratzt, die mehrmals chirurgisch behandelt werden musste."
Gut gegen Körperdysmorphe Störungen wirke Kognitive Verhaltenstherapie, vor allem die Spiegel-Exposition. Die Patientin/der Patient muss sich während der Exposition bei einer Therapiesitzung selbst im Spiegel betrachten. Doch statt sich auf den angeblichen Makel zu konzentrieren, soll er/sie die eigene Wahrnehmung neu trainieren: nicht auf das Detail zoomen, sondern lernen, sich im Ganzen betrachten.

Eignen sich Spiegel-Expositionen auch zur Behandlung von Skin Picking? So könnte man Betroffene auffordern, nicht nur ihre zerkratzte, wunde und gerötete Gesichtshaut zu betrachten, sondern auch die anderen, gesunden Stellen ihres Körper und ihrer Haut. So finden sie heraus, dass die bearbeiteten Stellen nicht ihren ganzen Körper ausmachen. „Expositionen werden im Einzelfall bereits gemacht“, sagt Dr. Susanne Fricke, Psychotherapeutin aus Hamburg. „Und das mit gutem Erfolg.“

Permalink dieses Blogposts:

Nachteile im Beruf wegen Skin Picking

Skin Picking führt nicht nur oft zu Depressionen und sozialem Rückzug. Es hemmt bei den Betroffenen auch die berufliche Entwicklung. Das berichtete Dr. Susanne Fricke in einem Vortrag auf der Tagung "Von Macken bis Zwängen und darüber hinaus" der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen in Bad Bramstedt. Skin-picker schämen sich so sehr für den Zustand ihrer Haut, dass sie lieber berufliche Herausforderungen vermeiden, bei denen sie im Mittelpunkt stehen müssten. 
Dr. Susanne Fricke - Bild: Ingrid Bäumer

Fricke zitiert eine Studie von Flessner und Woods (1) aus dem Jahr 2006: 12 Prozent der Befragten sagten, sie hätten eine Beförderung wegen des Skin Pickings abgelehnt. 20 Prozent gaben an, sie seien der Arbeit schon mindestens einmal ferngeblieben, weil es ihre desaströs bearbeitete Haut ihnen nicht erlaubt hätte, das Haus zu verlassen - selbst mit Schminke.

(1): Flessner, D. A., & Woods, D. W. (2006). Phenomenological characteristics, social problems, and the economic impact associated with chronic skin picking. Behavior Modification, 30, 944-963.

Permalink dieses Blogposts:

Donnerstag, 11. September 2014

Skin-picking Newsletter September 2014

Selbsthilfegruppe "Skin-picking" Köln
Newsletter # 50, September 2014

Hallo zusammen!
Inhalt:
  1. Unser nächstes Treffen
  2. Selbsthilfegruppe auf Facebook I: "In meiner Haut"
  3. Selbsthilfegruppe euf Facebook II: "Skin-picking geheime Gruppe"
  4. Tagung "Von Macken bis Zänge"
  5. Selbsthilfegruppe jetzt Mitglied in der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen
  6. Zum Notieren: Weitere Treff-Termine
--
  1. Das nächste Treffen der Selbsthilfegruppe ist am
    Montag, 15. September
    um 19 Uhr
    im "gesundheitsladen", Venloer Straße 46
    U-Bahn-Haltestelle Hans-Böckler-Platz, S-Bahn-Haltestelle Bahnhof West
    Eingeladen sind wie immer alle von Skin-picking und/oder Trichotillomanie Betroffenen :)
--
  1. Selbsthilfegruppe auf Facebook I: "In meiner Haut"
    Seit ein paar Wochen ist die Selbsthilfegruppe auch auf Facebook vertreten. Und zwar unter einem Namen, der nicht auf Skin-picking schließen lässt: "In meiner Haut" heißt die Seite, die ich angelegt habe. Der Name ist bewusst so gewählt: Einerseits soll klar sein, dass es um das Thema Haut geht. Andererseits sollen aber deine Facebook-Freunde, die nichts über Skin-picking wissen, nicht mit der Nase darauf gestoßen werden. Wer jedoch für das Thema Haut sensibilisiert ist, weil er/sie beispielsweise selber pickt, wird durch den Namen aufmerksam und erfährt durch Besuchen der Seite vielleicht gerade erst, dass es Skin-picking überhaupt gibt! Noch immer ist das zu wenigen bekannt und das soll diese offene Seite ändern.
    Dazu aber brauchen wir so viele Likes wie möglich. Über 50 haben wir schon - jedes weitere "Mag ich" hilft, Skin-picking bekannter zu machen! :)
    Und natürlich: Kommentare und Beiträge von dir auf der Seite sind höchst erwünscht! Hier der Link: https://www.facebook.com/pages/In-meiner-Haut/1595257914034620
--
    3. Selbsthilfegruppe auf Facebook II: "Skin-picking geheime Gruppe"
Für den vertraulichen Austausch haben wir auch eine Plattform bei Facebook geschaffen. Sie ist allerdings so geheim, dass ihr sie selbst über die Suchfunktion nicht findet. Wenn du daran interessiert bist, dich im geschlossenen Kreis mit anderen Betroffenen über SP auszutauschen, beschreibe ich dir hier, wie du in die Gruppe kommst:
1. Du schickst mir eine Freundschaftsanfrage – ich bin Nutzer "ingrid.baumer1". 2. Du wartest, bist die Freundschaftsanfrage bestätigt wurde und schickst mir eine PN, dass du in die Gruppe willst. (Das Warten ist leider nötig, da sonst deine PN nicht bei mir ankommt – alles Erfahrungswerte ;)) Dann nehme ich dich in die Gruppe auf.
--
  1. Tagung "Von Macken bis Zwänge" Ende September
    Im Auftrag der Selbsthilfegruppe besuche ich am 26. und 27. September die Tagung "Von Macken bis Zwänge und darüber hinaus. Diagnose und Behandlung von Zwangsstörungen und Verhaltenssüchten". Es gibt da viele Tagesordnungspunkte, die für uns von Interesse sind. Ich nenne nur mal einige Veranstaltungstitel: "Aktuelles zur Diagnostik der Zwangsstörung und der Zwangsspektrumsstörungen nach DSM-5", "Ich kann nicht anders! ... Und kann es nicht verstehen! Beziehungskonflike im Zwang. Neue Wege gehen" und – natürlich besonders interessant für uns: "Dermatillomanie (Skin Picking) - ein Überblick" Der letztgenannte Vortrag ist von Susanne Fricke, der Autorin des Ratgebers "Die eigene Haut retten". Wenn sie einen Buchstand hat, werde ich bei der Gelegenheit auch einige unserer SHG-Flyer strategisch günstig platzieren ;)
    Ich nehme doch stark an, dass ich mit sehr vielen Eindrücken und neuen Informationen von der Tagung zurückkomme – und freue mich schon darauf, diese mit euch zu teilen!
--
  1. Selbsthilfegruppe Mitglied in der DGZ
Unsere Selbsthilfegruppe ist seit Anfang des Monats auch Mitglied in der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen (DGZ). Als solches bekommen wir die Zeitschrift "Z" der DGZ mit vielen interessanten Informationen im Abo. Wer einen Blick hineinwerfen möchte: Ich bringe die Ausgaben dieses Jahres zum nächsten Treffen mit.
Hier der Link zur DGZ: www.zwaenge.de

--
  1. Zum Notieren: weitere Treff-Termine der Selbsthilfegruppe
    Immer am 3. Montag eines Monats, immer um 19 Uhr.
    Die nächsten sind: 20. Oktober, 17. November und 15. Dezember

    Mehr Infos: www.skin-picking.de

Permalink dieses Blogposts:
http://meine-haut.blogspot.com/2014/09/skin-picking-newsletter-oktober-014.html

Dienstag, 2. September 2014

Songtext, der unter die Haut geht: "Breathing" von Kate Bush


Video bei Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=VzlofSthVwc

1980 veröffentlicht, handelt dieser Song eigentlich von der nuklearen Bedrohung: davon, dass wir nach der Explosion einer Atombombe unweigerlich die Strahlung einatmen, weil Menschen nicht aufhören können zu atmen.
Aber die ersten drei Zeilen sind so stark, dass ich sie hier hinstellen muss: 

Outside
gets inside
through her skin.


Das haut mich einfach um. Die Haut als Übergangsort, als verbindendes Medium von Innen und Außen. Kürzer und poetischer kann man es kaum sagen.


Den ganzen Text gibt es hier:
http://www.metrolyrics.com/breathing-lyrics-kate-bush.html

Permalink dieses Blogposts:
http://meine-haut.blogspot.com/2014/09/songtext-der-unter-die-haut-geht.html

Montag, 25. August 2014

Habit Maker und Breaker Apps, Teil 2: KeepTrack

In diesem Beitrag stelle ich eine App namens "Keep Track" vor und gebe eine Einschätzung, ob sie als Selbsthilfe-App bei Skin-picking nutzbar ist.

Keep Track ist eine Android-Anwendung, die es dem User ermöglichen soll, über positive Verstärkung neue Gewohnheiten zu entwickeln. Die App "Habit Bull", die ich beim letzten Mal vorgestellt hatte, verfolgt auch dieses Ziel, aber "Keep Track" ist schon komplexer. Statt nur "erfolgreiche", "erfolglose" oder "neutrale" Tage einzutragen - also Tage, an denen es einem gelungen ist oder nicht, seine Vorhaben umzusetzen -, bietet "Keep Track" mehrere Formen von Eintragungen an. Vergleichbar ist für das Apple-Betriebssystem iOs die App "Track+"

Screenshot der App "Keep Track", teilweise mit Daten befüllt.

Für jeden Tag kann der Nutzer mehrere Einträge verschiedener Art machen.Unterschiedliche Datentypen lassen sich eingeben, zum Beispiel Zahl (Gewicht, Distanz, zB bei sportlichen Vorhaben), Dauer, freier Text und selbst vordefinierte Werte. Die Eingaben kann man sich anhand eines Kalenders, einer Statistik, einer Übersicht und einer Verlaufsgrafik anzeigen lassen. 

Aus Skin-picking übertragen heißt das, ein Nutzer kann jeden Tag - auch mehrmals am Tag, wenn Knibbelanfälle mehrmals täglich vorkommen - eintragen, wie lange er geknibbelt hat (Minuten), in welcher Intensität (auf einer Skala von 1 bis 10) und wie er/sie sich vorher und nachher gefühlt hat (zB Stresslevel auf einer Skala von 1 bis 10). Hat man sich dazu durchgerungen, das eigene Verhalten ein oder zwei Wochen lang auf diese Weise festzuhalten, dann kann man sich für jedes spezifische Verhalten den Verlauf anzeigen lassen und sieht auf einen Blick, wie sich das Knibbelverhalten in dieser Zeit entwickelt hat: Waren manche Tage massiv von Attacken auf die eigene Haut geprägt? Die Tagebucheinträge, die man sich in Tabellenform anzeigen lassen kann, geben dann möglicherweise Aufschluss darüber, welche Situationen besonders häufig einem Knibbelanfall vorhergingen, beispielsweise taucht besonders häufig auf "von der Arbeit nach Hause gekommen, vor dem Badezimmerspiegel gelandet, eine Stunde geknibbelt".

Die mit Knibbeln verbrachte Zeit in Minuten lässt sich auf unterschiedliche Weisen anzeigen: in einer Liste, auf dem Kalender, als Statistik - oder, wie der Screenshot zeigt, als Grafik.
In der Pro-Version lassen sich mehrere Angaben zugleich anzeigen, auf Skin-picking bezogen wären das beispielsweise Dauer einer Knibbel-Episode, Intensität einer Knibbel-Episode und Dauer einer positiven Gegenmaßnahme wie Yoga oder Autogenes Training - an einem bestimmten Tag oder über mehrere Tage hinweg. Oder auch das ganz banale Abhängen des Badezimmerspiegels: Führt es dazu, dass ich weniger knibble? An der Grafik oder an der Tabelle lässt sich das ablesen, wenn beispielsweise an den Tagen, wo Yoga praktiziert wurde, die Knibbelzeit und -intensität zurückging. Aussagekräftig sind solche Informationen natürlich erst, wenn man sie über ein paar Wochen hinweg eingetragen hat.

Fazit: Die App "Keep Track" ist schon sehr gut, weil sie viele Möglichkeiten lässt, die Daten auf den eigenen Bedarf zuzuschneiden. Dennoch ist ihre Struktur nicht optimal für Skin-picking. Denn bei Skin-picking ist es hilfreich, jede Knibbel-Episode mehr im Detail festzuhalten und dabei mehrere Dinge standardmäßig abzufragen, wie es in Selbstbeobachtungsbögen getan wird. Beispielsweise: "Welche Gedanken/Gefühle/Phantasien gingen Ihnen durch den Kopf, unmittelbar bevor Sie anfingen, Ihre Haut zu bearbeiten?", "in welcher Situation befanden Sie sich gerade?", "welcher Körperteil ist betroffen?" Das ganze soll so übersichtlich gestaltet werden, dass der Nutzer hinterher auf einen Blick sehen kann: "Okay, vor dem Frühstück, nach dem Duschen bin ich immer besonders gefährdet, einen starken Knibbelanfall zu erleiden und unmittelbar vorher geht mir meist durch den Kopf, dass ich Angst habe, mein Arbeitspensum im Büro nicht zu schaffen." Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Zumindest hat man sich ein Verhaltensmuster klar gemacht, das vorher nicht bewusst war. Ob alleine oder mit Hilfe eines Therapeuten/einer Therapeutin kann man dann daran arbeiten, das Gefahrenpotenzial solcher Situationen zu senken.

Was hältst du, lieber Leser/liebe Leserin, von diesen Vorschlägen? Hast du eigene Vorstellungen davon, was eine Selbsthilfe-App für Skin-picking können sollte? Ich freue mich über Kommentare (Kommentarfeld unten, einfach den Stift anklicken! :))

Die Selbsthilfegruppe Skin-picking Köln sucht einen Sponsor, der die technische Entwicklung einer solchen App bezahlt. Die Kosten werden auf rund 15.000 Euro geschätzt. Bist du/sind Sie daran interessiert, uns zu helfen? Auch dann freue ich mich über eine Nachricht!

Permalink dieses Blogposts:
http://meine-haut.blogspot.com/2014/08/habit-maker-und-breaker-apps-teil-2.html

Mittwoch, 20. August 2014

Habit Maker und Breaker Apps, Teil 1: Habit Bull

In den nächsten Tagen stelle ich hier im Blog einige Apps vor, die helfen sollen, sich gute Gewohnheiten anzutrainieren oder schlechte Gewohnheiten abzutrainieren. Hintergrund ist das Vorhaben der Selbsthilfegruppe Skin-picking, eine App als Unterstützung von Betroffenen zu entwickeln. Wir wollen erst einmal sehen, was es schon so auf dem Markt gibt, und dann schauen, wie wir es optimieren können.

Dass wir vielleicht irgendwann einmal eine App auf den Markt bringen, soll aber niemanden davon abhalten, mal die bestehenden Angebote auszuprobieren. Vielleicht helfen sie schon einen großen Schritt weiter!

Es gibt ganz einfache Apps für jede/n, aber auch sehr komplexe Apps, mit denen man gezielt psychische Störungen behandelt.

Mit den einfachen fangen wir an. Ein Beispiel dafür ist "Habit Bull". Kostenlos für Android-Geräte, eine von vielen vergleichbaren Apps. Für iOs gibt es beispielsweise "Way Of Life". So sieht die Benutzeroberfläche aus:


Hier trägt man jeden Tag ein, ob man es geschafft hat, seinen Vorsatz, beispielsweise joggen gehen, umzusetzen. Ein erfolgreicher Tag ist grün mit roter Umrandung; werden mehrere erfolgreiche Tage miteinander eingetragen, verbindet sie eine Kette. Beabsichtigter Effekt ist das Erfolgsgefühl, wenn man viele grüne Tage an einer durchgängigen Kette hat. Je mehr „gelungene“ Tage man am Stück hat, desto eher kann sich eine neue Gewohnheit verfestigen. Die erfolglosen Tage sind rosa und fallen dann natürlich unangenehm auf.


Man kann auch mehrere Vorsätze eintragen, dann zeigt einem die App für jeden Vorsatz einzeln anhand des Kalenders, ob er umgesetzt wurde.

Um jeden Tag an seine Aufgabe erinnert zu werden, kann man einen Wecker programmieren. Der lässt sich sehr individuell einstellen, so dass er an jedem Wochentag zu einer genau definierten Uhrzeit klingelt.

Außerdem gibt es noch eine Kommentarfunktion. Trägt man einen Kommentar an einem bestimmten Tag ein, zum Beispiel: "Fünf Kilometer gelaufen", erscheint im Kalender ein kleines Sprechbläschen. 

Ist dieses Programm auf Skin-picking anwendbar? Ja, denn man kann das negative Ziel, nicht zu knibbeln ja auch positiv formulieren: "Jeder Tag, an dem ich es geschafft habe, nicht zu knibbeln, ist ein erfolgreicher Tag!" Darüber hinaus lässt sich die App für positive Ziele nutzen, zum Beispiel um sich an das tägliche Training von Entspannungstechniken zu gewöhnen.

Dennoch scheint diese App insgesamt zu simpel, um sich die Besonderheiten des eigenen Verhaltens bewusst zu machen und beispielsweise Verhaltensmuster zu erkennen.

Im nächsten Blogpost stelle ich ein Tool vor, das schon komplexer ist: "Progress Tracker".

Habt ihr schon Erfahrungen mit Apps gemacht, die zur "Selbstverbesserung" gedacht sind? Was könnt ihr dazu berichten? Ich freue mich über Kommentare! :)

Permalink dieses Blogposts:
http://meine-haut.blogspot.com/2014/08/habit-maker-und-breaker-apps-teil-1.html

Montag, 18. August 2014

Zum Abreagieren

Schon lange bin ich auf der Suche nach etwas, das meine Finger beschäftigt hält, zum Beispiel, wenn ich am Computer sitze - und habe endlich etwas Passendes im Zoo-Shop in Köln gefunden: einen extra weichen Squeeze-Ball.


Er ist luftgefüllt und besteht aus extrem weichem und flexiblem Kunststoff. Ich habe schon diese relativ harten Stressbälle ausprobiert, aber die sind für mich irgendwie nicht richtig. Nun versuche ich mal, wie dieser hier funktioniert, um Druck abzubauen, der sonst zu Knibbeln führen würde. Und vor allem: wie lange er intensiven Knet-Attacken standhält ;)


Permalink dieses Blogposts:
http://meine-haut.blogspot.com/2014/08/zum-abreagieren.html

Dienstag, 5. August 2014

Dem Ekel Ausdruck gegeben

Bei meinen Recherchen auf Youtube stieß ich auf etwas, das man nur als „very special interest“ bezeichnen kann. Man sieht, wie mit einem kosmetischen Spezialgerät, einer kleinen metallischen Schlaufe, Mitesser im Gesicht ausgedrückt werden:



Mit Super-Makro gefilmt, so dass dem Zuschauer auch garantiert gar nichts entgeht. Ich "durfte" miterleben, wie die Talgwürmer massenhaft aus der Haut gedrückt, gequetscht und gequält werden. Der Eigentümer des Gesichts ist offenbar ein Mann, denn man sieht in der Ultra-Nahaufnahme auch einzelne Bartstoppeln. Das Metallgerät geht gnadenlos vor, die bearbeitete Haut wirkt zerwühlt, fettig und wund. Und das schlimmste: Währenddessen spielt ununterbrochen widerwärtig sanfte Musik, eine träumerische Männerstimme säuselt zu Gitarre und Klavier.

Eigentlich kenne ich dieses seltsam befriedigende Gefühl nur zu gut: wenn man an einem Pickel oder Mitesser drückt und der Inhalt – Talg oder Eiter – kommt endlich heraus. Doch wenn ich es mir hier in Nahaufnahme anschaue, packt mich der Ekel. Die austretenden Talgwürste werden von dem Metallgerät zermatscht, es lässt sich nicht aufhalten, seinen grausamen Weg durch die Haut zu furchen. Warum wird mir nicht übel, wenn ich - zwar ohne Gerät, aber im Prinzip ganz ähnlich - mit meiner eigenen Haut so umgehe? Warum macht es mir sogar Spaß? Blende ich das Ekelhafte einfach aus?

Dieses Video wurde mehr als 1,1 Millionen mal aufgerufen.  Link

Es ist nicht das einzige seiner Art, es gibt eine ganze Reihe davon, gepostet von unterschiedlichen Accounts. Dieses hier ist von „Dermatillomania Wise“ und ist in einem Vorab-Hinweis als „educational“ etikettiert – gedacht speziell für Skin-picker. Der Urheber erklärt: „Ich habe herausgefunden, dass Leute mit Dermatillomanie, die meine Videos regelmäßig schauen, große Verbesserungen zeigen oder ganz aufhören, ihre Haut zu bearbeiten.“

Seltsam ist aber, dass der Urheber der Videos zugleich nicht vergisst, gut sichtbar auf den Amazon-Store auf seiner Webseite hinzuweisen. Dort verkauft er alle möglichen Hautbearbeitungsgeräte: den Komedonen-Extraktor, den er in o.g. Video genutzt hat, Pinzetten und Kosmetika. Bei jedem Verkauf über seine Webseite lässt Amazon ihn ein paar Prozent mitverdienen. Das heißt, er verdient Geld damit, andere Leute zum Nachmachen zu animieren. 


Die geposteten Reaktionen unter dem Video sind geteilt: Die meisten empfinden Ekel, manche müssen den Film stoppen. Doch ein paar bedanken sich auch: Das Video anzuschauen, sei befriedigend und bringe „seltsamerweise Entspannung“. Es sei regelrecht therapeutisch.

Ist also der erhoffte Effekt, dass man sich aus lauter Ekel vom Knibbeln an der Haut abhält? Oder dass man schon Befriedigung empfindet, wenn man nicht an seiner eigenen Haut die Poren zum Platzen bringt, sondern es nur im Bewegtbild sieht? Oder SOLL man dem Vorbild gerade folgen und seine Haut mit einem Metallgerät bearbeiten (was immer noch besser wäre als mit „stumpfen, unhygienischen Werkzeugen“, nämlich den eigenen Fingern, an die Haut zu gehen)?

In einen anderen Video (Link) zeigt ein Mann namens „Zitmeister“ - vermutlich die selbe Person, die unter dem Account „Dermatillomania Wise“ die Ausdrück-Videos postet -, wie sein Gesicht aussieht und wie er die Videos macht. Das Erstaunliche: Nach einer „Session“ sieht sein Gesicht gar nicht so anders aus, kaum schlechter als vorher. Nur die Vergrößerung der ganzen Aktion mit einem „USB-Mikroskop“ lässt sie so dramatisch aussehen. Hier sieht man sein Gesicht nach der Session:


Der Mann ist offenbar erfolgreich: Seine Ausdrück-Videos gibt es sogar zum Kaufen auf DVD.

Permalink dieses Eintrags: http://meine-haut.blogspot.com/2014/08/dem-ekel-ausdruck-gegeben.html

Montag, 4. August 2014

Was soll dieser Blog sein bzw. liefern?

Ein Blog legt die Betonung aufs Subjektive, deshalb auch dieser Titel, der an Ichbezogenheit kaum überboten werden kann:  "In meiner Haut"!

Hier wird es darum gehen, wie ich mich in meiner Haut fühle als Skin-pickerin, als Frau.

Aber das alleine reicht nicht: Ein Blog vereint auch die Expertise, die jemand zu einem Thema ansammelt.  Jede/r lebt in ihrer/seiner Haut. Was was macht das mit uns, wenn wir nicht davon ablassen können, sie zu - und damit uns selbst - zu schädigen? Was können wir dagegen tun?

Ich will auch nicht die wissenschaftliche Seite außer Acht lassen: Was spiegelt die Forschung uns wieder, wie erscheinen wir in diesem Licht? Welche Folgerungen werden daraus gezogen, halte ich sie für angemessen?

Permalink dieses Eintrags:
http://meine-haut.blogspot.com/2014/08/was-soll-dieser-blog-sein-bzw.html

Montag, 21. Juli 2014

App-Pläne der Selbsthilfegruppe

Eine Selbsthilfe-App für Skin-Picker!

Letztens bin ich auf die Idee gekommen, eine Selbstbeobachtungs-App für Skin-picker zu machen. So etwas wie ein Selbstbeobachtungsbogen für die „Generation Web 2.0“, die ja bekanntlich nicht mehr so gerne Papier in die Hand nimmt. Es gibt schon ein paar Apps, die in Ansätzen ähnliches bieten, beispielsweise „way of life“ (für iOS) oder „habit tracker“ (für Android). Dort kann eintragen, welche Gewohnheit(en) man aufbauen bzw. aufgeben möchte, und seine Fortschritte jeden Tag eintragen. Wenn man das ein paar Tage/Wochen lang gemacht hat, kann man seinen Fortschritt anhand einer Grafik darstellen lassen – das soll ein Anreiz sein, in seinen Bemühungen nicht nachzulassen. Mehr Infos hier:

Die "Way of Life"-Oberfläche sieht so aus, das gefällt mir schon mal ganz gut, weil es schön übersichtlich ist und das Farbkonzept angenehn. Davon darf man sich durchaus inspirieren lassen ;)


Ich stelle mir aber noch mehr Funktionen vor, beispielsweise ausführlichere Möglichkeiten, Selbstbeobachtungen einzutragen sowie eine optische Darstellung der Selbstbeobachtungen. Kann jemand von euch in Java Script codieren? Der-/diejenige nehme bitte Kontakt mit mir auf – ich würde gerne wissen, wie realistisch es ist, so etwas umzusetzen und was das in etwa kosten würde. Meine Adresse: dermatillomanie(at)gmx.de

Permalink dieses Eintrags: http://meine-haut.blogspot.com/2014/07/app-plane-der-selbsthilfegruppe.html